Kommunikationsverdichtung durch Familienzeitschriften

In einer Rezension des 10 Jahre vor Effi Briest erschienenen Romans Cécile heißt es, Fontane empfände „den geheimen Reiz, sich auf einem Boden“ zu bewegen, welcher ihm, wie der Mehrzahl seiner Leser, völlig vertraut ist“. (Die Grenzboten Bd. 46/1887, S. 130) Dies trifft im gleichen Maße für Effi Briest zu. Fontane arbeitet mit Hinweisen und Anspielungen auf Themen, die einem größeren Publikum aus Zeitungen und Zeitschriften vertraut sind. (Im Buch2. Aufl. „Der Roman als medialer Echoraum“ auf den Seiten 12 – 17.)

Möglich wird dieses literarische Spiel mit populären Wissensbeständen vor allem durch die vielen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts auf den Markt kommenden Wochen- und Monatszeitschriften und ihren Erfolg beim Publikum. Die Gartenlaube, wohl das bekannteste dieser „illustrirten Familienblätter“, zählte 1874 mit einer Auflage von 380.000 Exemplaren zu den auflagenstärksten Zeitschriften in Europa (Wuttke 1875, S. 82).

Die hohen Herstellungskosten der illustrierten Zeitschriften erforderten zusätzliche Einnahmen durch den Verkauf von „Anzeigenraum“. Je mehr Anzeigen eine Zeitschrift druckte, desto billiger konnte ihr Verkaufspreis werden. Damit stieg die Attraktivität für die Käufer und damit die Auflage. Höhere Verkaufszahlen machten wiederum die Blätter für Anzeigen attraktiv.

Für ein nach französischen und englischen Vorbildern entwickeltes Geschäftsmodell Zeitungskatalog Mossesteht die 1867 von Rudolf Mosse gegründete Annoncen-Expedition. Als Anzeigen-Expedition bezeichnete man in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts Agenturen, die in eigenem Namen und auf eigene Rechnung Anzeigenaufträge von Werbetreibenden an die Medienträger weitergaben.

Begonnen hatte der gelernte Buchhändler Mosse mit dem Einwerben von Anzeigen für die auflagenstarke Familienzeitschrift Die Gartenlaube im deutschsprachigen Raum. Er baute seine Annoncen-Expedition zu einem Werbung für Frauenzeitschriftauch nach heutigen Vorstellungen  ausgesprochen modern  Unternehmen aus.

Großen Anteil an seinen geschäftlichen Erfolgen hatte dabei die jährliche Veröffentlichung eines Zeitung-Katalogs. Über diesen Katalog wurden deutschsprachige Zeitungen und Fachzeitschriften aus Deutschland, Österreich-Ungarn, der Schweiz und dem Ausland erfasst. Die Zeitungen wurden in einem alphabetischen Ortsregister mit Angaben zur Einwohnerzahl und politischen Tendenz der Zeitung (regierungsfreundlich, nationalliberal, sozialdemokratisch usw.) aufgeführt. Die Fachzeitschriften wurden alphabetisch nach Sachgebieten/Adressatengruppen sortiert. Im Anzeigenteil des Zeitungs-Katalogs konnten die Zeitungen und Zeitschriften selbst um Anzeigenkunden werden.

Rudolf Mosse Annoncen-Expedition kümmerte sich nicht nur um das Einwerben von Anzeigen, sondern bot darüber hinaus seinen Anzeigenkunden mit der Beratung bei der Auswahl des Werbeträgers und der Gestaltung der Inserate einen „Rundum-Service“ im Stile heutiger Werbeagenturen an.

Kladderadatsch Nr. 5_1885 S. 55

Alle Annoncen Beiblatt Flieg Bl Nr. 1985_1883.png

Kladderadatsch Nr. 7_1885 S. 76

Bazar Abonnentenzahl

Abbildungen

Zeitungs-Katalog. In: Kladderadatsch Nr. 5/1885, S. 55

Alle Annoncen. In: Beiblatt Fliegende Blätter Nr. 1985/1883

Zur gefälligen Beachtung. In: Kladderadatsch Nr. 7/1885, S. 76

Ich bescheinige hiermit… In: Der Bazar Nr. 25/1888, S. 281

Literatur

Wuttke, Heinrich [1875]: Die deutschen Zeitschriften und die Entstehung der öffentlichen Meinung. Ein Beitrag zur Geschichte des Zeitungswesens. Leipzig: Verlag Joh. Wilh. Krüger, 3. Aufl.

 

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